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Die Wahl zur Landesbischöfin oder zum Landesbischof der evangelisch-lutherischen Kirche in Bayern in der Münchner Matthäuskirche steht kurz bevor. Wie kann sich die evangelisch-lutherische Kirche in Bayern in Zukunft entwickeln?

 

Mein Name ist Elke Göß. Ich bin 59 Jahre alt, freiberufliche Journalistin und Pfarrerin ohne Dienstauftrag und wohne in Regensburg. Mit der römisch-katholischen Kirche befasse ich mich seit 2004. Meine Schwerpunkte sind die Päpste und der Vatikan. Ich möchte, dass sich die evangelisch-lutherische Kirche in Bayern bewegt.

 

Gliederung

1. Wie kann sich die evangelisch-lutherische Kirche in Bayern in Zukunft entwickeln?

2. Wer ist Elke Göß?

3. Mehr oder weniger bedeutende Fragen

Fazit

 

1. Wie kann sich die evangelisch-lutherische Kirche in Bayern in Zukunft entwickeln?

 

Die evangelisch-lutherische Kirche in Bayern sollte Teil der Ökumene sein, die die Einheit der beiden christlichen Konfessionen anstrebt.

Sie sollte in Personalfragen ihre Wertschätzung gegenüber den individuellen Fähigkeiten von Pfarrerinnen und Pfarrer zum Ausdruck bringen.

Die Ausbildung im Theologiestudium sollte standarisiert werden und die Sozialisation zum Pfarrer oder zur Pfarrerin sollte verkürzt werden.

In den vergangenen zwanzig Jahren hat die evangelisch-lutherische Kirche in Bayern die Hälfte ihrer Mitglieder verloren. Diejenigen, die ausgesiebt und ausgesondert wurden oder die ausgetreten sind, sollten angesprochen, eingeladen und zurückgewonnen werden.

Ehemalige Pfarrerinnen und Pfarrer haben auf eigene Kosten ihre Berufslaufbahn finanziert, weil sie engagiert und überzeugt diesen Beruf ausüben wollten und sind dann nicht übernommen worden bzw. entlassen worden, weil sie zu dick waren etc. Sie können revitalisiert werden und sich als wertvolle und geschätzte Multiplikatorinnen und Multiplikatoren aktiv einbringen und als partizipierende, ehren- und nebenamtlich tätige Mitglieder in der Verkündigung und in der Seelsorge tätig werden.

Das Rentenalter sollte von 65 Jahren auf 68 Jahre und wahlweise auf 70 Jahre erhöht werden.

Die Bedeutung der Parochien und damit die lokale Bindung sollte transparent und öffentlich nachvollziehbar überdacht und überarbeitet werden.

Pfarrerinnen und Pfarrer können und sollten antworten, wenn sie gefragt werden. Dies gilt insbesondere bei den neuen digitalen Formen und im Bereich Social Media. Sie sollten antworten bei digitalen Angeboten, die gute Neuigkeiten aus LA versprechen, bei traumatischen Gewalterfahrungen in Räumen, die nicht der evangelischen Kirche gehören und durch nicht-evangelische Personen begangen wurden, bei Anfragen, wie Palliativmedizin in italienischen Hochsicherheitsgefängnissen aussieht etc.

Regionalbischöfinnen und Regionalbischöfe sollten selbstverständlich für Pfarrerinnen und Pfarrer jederzeit zum Gespräch zur Verfügung stehen. Monatelange Wartezeiten oder gar keine Antwort sind keine Option.

Regionalbischöfinnen und Regionalbischöfe sollten mehr Wert auf ihre Präsenz in ihrem Kirchenkreis legen und öfter öffentlich auftreten. Über den Arbeitsbereich des Kirchenkreises hinausgehende Aufgaben haben keinen Vorrang vor der Präsenz im eigenen Kirchenkreis. Wochenlange Fehlzeiten wegen anderweitiger „Verpflichtungen“, eventuell sogar im Ausland, sind kritisch zu sehen und einzuschränken.

Ein freundliches und informatives Image wirkt besonders gut bei denjenigen, die nicht zu den alltäglich präsenten Insidern gehören.

Die herkömmlichen Formen der Kirchenmitgliedschaft können durch neue, unverbindliche Formen der Partizipation ohne dauerhafte Kirchenmitgliedschaft ergänzt werden.

Die evangelisch-lutherische Kirche in Bayern muss raus aus den Sitzungen, den Gremien und der Verwaltung und sich zu einer aktiven, charismatischen, seelsorgerlichen und überzeugenden Kirche entwickeln.

Die Kirche kann sich zu politisch aktuellen Themen äußern und das Ziel, Politik und Religion in geeigneter und ansprechender Weise miteinander zu verbinden, verfolgen. Wird dies unterlassen, wird es in wenigen Jahren keine überwiegend christlich geprägte politische Kultur mehr in Deutschland geben. Die beiden Parteien CDU und CSU werden ihre Namen ändern.

Umweltschutz muss in allen Bereichen und zu allen Zeiten einen sehr hohen Stellenwert bei Entscheidungen und beim alltäglichen Verhalten einnehmen.

Die Kirche muss zeitgenössisch wieder ernst genommen werden und an hochkomplexen gesellschaftlichen Debatten teilnehmen und kann es nicht zulassen, dass sie wegen eines naiven Image abgelehnt wird.

Die Kirche darf keine zu kleinteiligen Angebote bringen, sondern muss zunehmend die Massen ansprechen.

Neue innovative, lebendige, spirituelle, innerlichere Formen bei Massenveranstaltungen wie beispielsweise dem Kirchentag, nach dem Vorbild des Lobpreises charismatischer Pfingstler aus Afrika oder den USA können problemlos entwickelt werden.

Mit neuen Angebotsformen für Kinder und Jugendliche, die die biblischen Erzählungen attraktiv modernisiert digital zuhause kennenlernen können, kann die schwindende Bedeutung des Religionsunterrichts ausbalanciert werden.

Die Kirche muss sich wieder als kulturell wichtiger Teil der säkularisierten Welt verstehen. Sie muss ihren Anteil an der Entchristlichung und zunehmenden Säkularisierung erkennen lernen. Sie kann wieder eine bedeutende Kraft werden bei der Erörterung, wie ethisch und moralisch wichtige Fragen und Entscheidungen getroffen werden könnten und sollten. 

Ein Höchstmaß an Gewaltschutz und an Gewaltprävention bei Kindern und Jugendlichen als Teil einer Friedenserziehung für die Zukunft muss ein selbstverständliches Ziel sein, sowohl für Kinder und Jugendliche innerhalb der Kirche wie ebenso für Kinder und Jugendliche außerhalb der Kirche.

Die dienstrechtliche und strafrechtliche Verfolgung von sexuell motivierter Gewalt an Kindern, Jugendlichen, Frauen und Männern hat oberste Priorität und muss ohne Ansehen der Person kompromisslos und konsequent durchgezogen werden. Der sexuell motivierten Gewalt überführte Täterinnen und Täter sind unverzüglich und ohne weitere finanzielle Unterstützung aus dem Dienst zu entlassen. Diese Haltung sollte für die gesamte Führungsschicht in der evangelisch-lutherischen Kirche in Bayern selbstverständlich verbindlich sein.

Überparochiale und Partizipation gewährende Angeboten im Internet für Erwachsene, Jugendliche und Kinder nehmen die Herausforderungen einer zunehmenden Digitalisierung und räumlichen Entgrenzung der Gesellschaft ernst.

Das Ziel der Kunst sollte immer weniger sein, dass sich Individuen mit ihren künstlerischen Fähigkeiten selbst verwirklichen. Die religiöse Kunst der Zukunft ist stark und überzeugend an der Verkündigung interessiert und orientiert.

Die Kirche der Zukunft schrumpft sich nicht selbst in Stille, Demut und Ehre klein, sondern gewährleistet ein überzeugendes tägliches Werben um Zustimmung bei Nichtevangelischen, Nichtkirchenmitgliedern und Nichtreligiösen.

Mehr Ökumene mit den jüdischen Gläubigen, unseren ältesten Glaubensgeschwistern, die zu lange und so sehr geschunden, verleugnet, gehasst, verleumdet und getötet wurden, ist möglich.

Im Umgang mit der eigenen Schlüsselgewalt, wie sie im Augsburger Bekenntnis beschrieben ist, kann ein bayerischer Landesbischof oder eine bayerische Landesbischöfin gelassen und getrost sein und bleiben und hinaus ins Weite gehen. Die Schlüsselgewalt können einzelne Bischöfinnen und Bischöfe wie die zukünftige bayerische Landesbischöfin oder der zukünftige bayerische Landesbischof einem höheren Ganzen überlassen und sich in dieses Ganze über die bayerischen Landesgrenzen hinaus einfügen. Die evangelisch-lutherische Kirche in Bayern und in Deutschland kann sich auf den Weg begeben, den obersten Inhaber der Schlüsselgewalt, den Papst, zu akzeptieren. Martin Luther ist seit 477 Jahren tot. Es wird Zeit für eine friedliche Ökumene.

Mehr Spiritualität statt gewohnter Formen des Sich-Treffens, des Gesprächs, des Rückwärtsgewandten, des Immergleichen - hier kann die Ökumene mit der römisch-katholischen Kirche sehr erhellend wirken.

Mehr Kompetenz im Heilen seelischer Wunden und die Fähigkeit und uneingeschränkte Bereitschaft, diese Kompetenz bei allen Bedürftigen zu praktizieren, wäre ein sehr wünschenswertes Nahziel für die Kirche.

Der Protestantismus kann sich grundsätzlich neu orientieren und katholische Glaubenspraxis und katholische Traditionen kennenlernen, um sich auf die Einheit der beiden großen christlichen Konfessionen hin zu bewegen, damit religiöser Hass, Neid und Eifersucht der Vergangenheit angehören und damit ein innerkirchliches und intrakirchliches Friedensprojekt mit großen Chancen für die Zukunft der Kirche auf dieser Welt Realität wird.

 

2. Wer ist Elke Göß?

 

Mein Name ist Elke Göß. Ich bin 59 Jahre alt und engagiere mich seit 51 Jahren haupt- und ehrenamtlich für die evangelisch-lutherische Kirche in Bayern und seit 19 Jahren für die römisch-katholische Kirche mit den Schwerpunkten Päpste und Vatikan. Ich bin seit 1. Juli 2000 zunächst Pfarrerin außer Dienst gewesen, bis ich von einem Mitarbeiter des Personalreferates des Landeskirchenamtes darüber informiert wurde, dass ich mich nun „Pfarrerin ohne Dienstauftrag“ nennen soll. Seit 2004 gehe ich fast nur noch in katholische Messen. Seit 2006 fahre ich regelmäßig mehrmals im Jahr nach Rom.

Was bin ich? Evangelisch oder katholisch? Ich würde sagen: beides. In meinem Herzen bin ich protestantisch. So bin ich aufgewachsen in meiner Heimatgemeinde St. Gumbertus in Ansbach und so bin ich durch mein Studium der evangelischen Theologie in Neuendettelsau, Zürich und München sozialisiert. On top habe ich vom Wintersemester 1985/1986 bis zum Wintersemester 1986/1987 bei einem Auslandsaufenthalt eineinhalb Jahre reformierte Theologie an der Universität Zürich studiert.

Doch in „meiner“ Kirche, der evangelisch-lutherischen Kirche in Bayern, war mir früher oftmals langweilig. Manche Predigten aus dem Jahr 2020 hätte man genauso gut bereits 30 Jahre vorher hören können. Das geht nicht. Zudem sind mir lange Sitzungen ein Gräuel. Ich bin kein Gremienmensch. Kurz und prägnant muss es sein.. Das geht doch.

An der evangelischen Kirche schätze ich bis heute die starke Hinwendung zur Welt und zur Politik. Noch 30 Jahre nach dem Ende meines Theologiestudiums an der LMU München und nach dem Ende einer sehr intensiven Beschäftigung mit der liberalen Theologie, wie sie Professor Dr. Trutz Rendtorff gelehrt hat, bin ich im Tiefsten meines Herzens liberal. Das kann man von der römisch-katholischen Kirche angeblich nicht behaupten, dass sie liberal sei. Und doch finde ich liberale Züge in der römisch-katholischen Kirche, die sich vor allem in der Vielfalt innerhalb der römisch-katholischen Kirche zeigt. Diese Vielfalt finde ich absolut beeindruckend.

Im Gegensatz zur evangelisch-lutherischen Kirche in Bayern ist die römisch-katholische Kirche eine Weltkirche mit 1,3 Milliarden Mitgliedern. Absolut beeindruckend und ich gehöre dazu. Nach bald 20 Jahren, in denen ich mich fast nur in der römisch-katholischen Kirche „herumgetrieben“ habe, realisieren viele Katholikinnen und Katholiken nicht mehr, dass ich immer noch evangelisch bin und nur evangelisch bin. Ich bin gar nicht katholisch, offiziell jedenfalls nicht. Oder doch?

Seit 20. November 2010 bin ich inoffiziell Cardinale in pectore und damit inoffiziell römisch-katholisch. Ich habe keinen Ausweis. Ich bin nicht übergetreten. Ich erfülle „nur“ die Bedingungen, die die römisch-katholische Kirche an ihre Mitglieder und an ihre Geistlichen stellt.

Am 12. März 2013, also genau vor zehn Jahren, habe ich es sogar in die höchste Kategorie der Kardinäle geschafft. In meiner Abwesenheit bekam ich von vier Kardinälen, eventuell waren es sogar fünf Kardinäle, Stimmen im Konklave in der Sixtinischen Kapelle. Ich bin die erste Frau, die offiziell Stimmen bei einer Papstwahl bekommen hat. Voraussetzung war, dass ich Cardinale in pectore bin. Die Stimmabgaben für „Pastora Göß“ zählten. Als das erste Mal bei der Stimmauszählung mein Name in der Sixtinischen Kapelle genannt wurde, applaudierten die Kardinäle und zeigten damit ihre Zustimmung. Ich wusste vorher, dass ich Stimmen im Konklave bekommen würde. Zum Zeitpunkt der Wahl war ich zuhause in Bayreuth. Diesen Moment in der langen zweitausendjährigen Geschichte der Kirche, in dem ich als erste Geistliche und noch dazu als protestantische Geistliche, Stimmen bei einer Papstwahl bekommen habe, will ich immer in meinem Herzen behalten. Er ist so kostbar für mich. Dieser Moment ist für mich der Beweggrund, die Zukunft der römisch-katholischen Kirche mitzugestalten.

Wie oft habe ich mich seitdem gefragt, was kann ich für die römisch-katholische Kirche tun? Wie oft habe ich versucht, zu ergründen, wie lange es noch dauern könnte, bis Frauen zur Weihe zur Priesterin in der römisch-katholischen Kirche zugelassen werden?

Für mich war die Gleichberechtigung selbstverständlich. Als meine Eltern darüber sprachen, in welche weiterführende Schule ich in der 5. Klasse gehen sollte, war ihnen wichtig, dass ich als Mädchen die gleichen Bildungschancen habe wie die Jungen. Drei Jahre später bewegte mich erstmals die Frage, ob ich Pfarrerin werden könnte. Es war selbstverständlich, dass ich die gleichen Chancen haben würde wie ein Junge, der Pfarrer hätte werden wollen. In meinem Theologiestudium gab es keinen Unterschied zwischen Studenten und Studentinnen. Im Vikariat waren wir alle gleich, Frauen und Männer. Meine Vorgesetzten waren Männer und Frauen. In der z.A.-Zeit im Dekanat Münchberg war meine Vorgesetzte die erste Dekanin Bayerns. Ich bin evangelisch. Bei der Frage der Gleichberechtigung kann ich nur evangelisch sein. Römisch-katholisch geht bei dieser Frage anders.

Was gefällt mir so sehr an der römisch-katholischen Kirche, dass ich sie nicht mehr missen möchte? Die große und hohe Qualität der Spiritualität, die Personalführung und die Kirchenhierarchie vom Priester bis zum Papst. Ich fühle mich in dieser Weltkirche sehr wohl. Die Einheit der Kirche liegt mir seit meiner Jugend am Herzen. Wie gerne hätte ich, dass die Kirche der Zukunft konsequent auf die Einheit der Kirchen zugeht, ohne Hass, ohne Pöbeleien, ohne Überlegenheitsgefühl, ohne Ressentiments, ohne alles besser zu wissen, aber mit viel Gefühl, Empathie und Liebe. Ich stelle mir das Verhältnis der protestantischen Kirchen und der römisch-katholischen Kirche wie eine gut gehende Ehe vor, in der sich beide Partner voll und ganz respektieren. Da bleibt noch viel zu tun.

Warum werde ich nicht in ein geistliches Amt der römisch-katholischen Kirche berufen, obwohl ich die Voraussetzungen dafür hätte? Am Ostersonntag, 23. März 2008, genau vor 15 Jahren, wurde ich in der Polizeiinspektion der vatikanischen Gendarmerie von sechs Polizisten misshandelt. Insgesamt habe ich seit 2005 mindestens 22 Körperverletzungen zugefügt bekommen, davon nur eine von einer Person, die der evangelischen Kirche angehört. Die anderen Täterinnen und Täter waren römisch-katholisch oder ausgetreten. Die körperlichen Schädigungen werden mich immer kennzeichnen und vermutlich jeden Tag meines Lebens mitbestimmen. Dennoch hatte ich keine Wahl. Ich hätte die Kirche nicht hinter mir lassen können. Ohne Religion und vor allem ohne Gott geht es nicht. Gott findet man nur in der Kirche.

Ich wünsche mir eine solidarische, kommunikative, politische, kritische und der Zukunft zugewandte Kirche, die sich selbst reflektiert, die immer wieder aus ihren alten Gewohnheiten aufbricht, die sich um andere kümmert, die nicht zuerst ihr Proprium, sondern den Anderen sucht. Ich wünsche mir, dass die Gremienarbeit in den Hintergrund tritt und dass die Kirche aufwacht und neu aufbricht. Ich wünsche mir, dass sie die anderen ernst nimmt und nicht ausstößt, aussondert und deklassiert.

Als ich 1990 im Frühjahr Erstes Theologisches Examen schrieb, saßen mit mir hundert Kandidatinnen und Kandidaten im Evangelischen Gemeindehaus in Ansbach an den Klausuren. Im Herbst 1990 waren es genauso viele, die in den kirchlichen Dienst wollten. Von meinem Vikariatskurs sind heute, 30 Jahre später, ein Drittel keine Pfarrerin und kein Pfarrer mehr. Die Kirche hat sich klein und kaputt geschrumpft. Eine ist Schäferin, ein anderer besitzt einen Gartencenter, eine ist gestorben, einer ist in Rente, eine hat immense psychische Probleme. Nur ich habe alle meine Rechte aus der Ordination behalten und bin Pfarrerin ohne Dienstauftrag. Sollte ich eine Arbeitsstelle als Geistliche bei der römisch-katholischen Kirche bekommen, kann ich bis zu meinem 80. Geburtstag durcharbeiten. Mich würde dies freuen. Im Übrigen bin ich für die Anhebung des Rentenalters von evangelischen Pfarrerinnen und Pfarrern bis 68 Jahre oder eventuell bis 70 Jahre. 

Als ich in der ersten Klasse in der Grundschule anfing, in die Kirche zu gehen, waren die Kirchen voll. Zu dem Kindergottesdienst, in den ich ab 1970 ging, kamen sonntags hundert Kinder. Heute ist kein einziges Kind mehr da.

Der Kindergottesdienstpfarrer, der 1977 zum Dekan befördert wurde, wurde im Alter von 86 Jahren von der Missbrauchsbeauftragten der evangelisch-lutherischen Kirche in Bayern angesprochen. Zwei Wochen später, am 1. Januar 2021, war er tot. In meiner Heimatgemeinde, in der ich zwischen der Konfirmation und dem Abitur ehrenamtlich vielfältig aktiv war, wurden zwei Pfarrer und zwei Kirchenmusiker wegen sexuellem Missbrauch Minderjähriger von der Landeskirche Jahrzehnte später belangt.

Es lief ein Justizverfahren gegen den amtierenden Ansbacher Regionalbischof wegen sexuell motivierter Gewalt, das kein Ergebnis brachte. Der Ansbacher Regionalbischof wurde Personalchef der evangelisch-lutherischen Kirche in Bayern. Es lief ein Verfahren gegen ihn wegen sexuell motivierter Gewalt an einem Münchner Gericht. Später kandierte er bei der letzten Wahl zum Landesbischof, konnte aber nicht überzeugen. Er ging fristgerecht mit 65 Jahren in den Ruhestand und starb kurz nach seinem 66. Geburtstag.

Mit der Aufarbeitung sexueller Gewalt in der römisch-katholischen Kirche befasse ich mich seit 2010, als Papst Benedikt XVI. damit startete. Ich habe über den Missbrauch bei den Regensburger Domspatzen, über Missbrauchsvorwürfe gegen Kardinäle und über die stockende Aufarbeitung publiziert. Im Vergleich dazu ist die Aufarbeitung sexuell motivierter Gewalt in der evangelisch-lutherischen Kirche in Bayern genauso defizitär. Pressemitteilungen betreffen immer nur die römisch-katholische Kirche. So gewinnt man den Eindruck, in der evangelisch-lutherischen Kirche in Bayern sei alles in Ordnung. Das ist nicht so. Es besteht dringender Handlungsbedarf. Warum geht keiner der vier Kandidatinnen und Kandidaten für die Wahl zur Landesbischöfin oder zum Landesbischof auf dieses Thema ein?(1)

Ich bin für Offenheit und Transparenz, für Sparen und für das Akquirieren von Finanzen, für Umweltschutz in allen Bereichen, für eine vollständige Erneuerung des Personalreferates, für einen qualitativ hochwertigen und kommunikativ kompetenten Umgang miteinander, für einen Schwerpunkt in der Seelsorge und für Lösungskompetenz bei ethischen Problemen, für Zeitgemäßheit und politische Aktualität, für einheitliche Vielfalt und vielfältige Einheit, für altbewährte Methoden und neue Formen, für eine Unterscheidung von Gut und Böse, für einen Einsatz für Arme und für Reiche, für gut terminierte und allgemein nachvollziehbare Schritte aufeinander zu in der Ökumene, für einen hohen Schutzstatus von Kindern und Jugendlichen, für die Entlassung von Sexualstraftätern und Sexualstraftäterinnen, für die Anhebung des Rentenalters auf 68 Jahre oder 70 Jahre, für das Interesse an Menschen, die ausgetreten sind, für neue Formen der informellen Mitgliedschaft, für Respekt und Toleranz im interkonfessionellen Dialog, für die Anerkennung der Gemeinsamkeiten mit der römisch-katholischen Kirche und für ein tägliches über sich hinauswachsen mit dem Ziel, Gottes Ziel für uns immer näher zu kommen.

Das bin ich, Elke Göß.

 

3. Mehr oder weniger bedeutende Fragen

 

Meine Antworten auf die Fragen von „bayernevangelisch“ an die vier Kandidierenden für die Wahl zum Landesbischof oder zur Landesbischöfin der evangelisch-lutherischen Kirche in Bayern(2):

Wann klingelt der Wecker?

Im Winter stehe ich um 7 Uhr auf, im Sommer stehe ich seit einigen Jahren gerne bereits vor 6 Uhr auf.

Was darf auf dem Frühstückstisch nicht fehlen?

Espresso, Haferflocken und Hafermilch.

Bei welchem Lied singen Sie laut mit?

Die deutsche Nationalhymne, die englische Nationalhymne, Songs von „Queen“, beispielsweise „We are the Champions“ etc.

Was war das Mutigste, was Sie jemals gemacht haben?

Ich bin am 14. Juni 2008 während der Einsetzung der Eucharistie durch Papst Benedikt XVI. im apulischen Santa Maria di Leuca aufgestanden und habe die Liturgie mit zelebriert. Und ich habe vor dem Konklave im Jahr 2013 meine Zustimmung gegeben, dass ich als Päpstin kandidieren will. Ergänzt habe ich, dass ich die Wahl annehmen würde, würde ich gewählt werden. Das war mit Abstand das Mutigste, was ich jemals in meinem Leben gemacht habe.

Mit welchen drei historischen Persönlichkeiten würden Sie gerne zu Abend essen?

Ich verehre Paulus sehr und würde sehr gerne mit ihm beim Abendessen ein Gespräch führen. Mit dem verstorbenen Papst Benedikt XVI. würde ich sehr gerne zu Abend essen. Mit dem verstorbenen südafrikanischen Präsidenten Nelson Mandela und dem frühen US-Präsidenten Barack Obama würde ich gerne zu dritt Abendessen.

Haben Sie eine bestimmte Morgen- oder Abendroutine? Ich habe mehrere Morgen- und Abendroutinen. Vor dem Frühstück und zum Frühstück sehe ich die Nachrichten im Fernsehen. Abends bleibt seit drei Jahren der Fernseher ab 19 Uhr mit wenigen Ausnahmen aus.

Welche drei Dinge lieben Sie an Kirche? Ich liebe volle Kirchen, die es allerdings immer weniger gibt. Ich liebe festliche Gottesdienste mit prunkvoller und erhabener Musik. Ich liebe, dass der Papst das Oberhaupt der römisch-katholischen Kirche ist.

Welche drei Dinge nerven Sie an Kirche am meisten? Die Sturheit der überwiegenden Mehrheit der Evangelischen in Bezug auf die Anerkennung der römisch-katholischen Kirche, das rückwärtsgewandte Verhalten und Image der Kirchen und jede Form von Blockade.

Wenn Sie nicht Pfarrerin geworden wären, was dann? Es gab für mich keine Alternative, als ich als Jugendliche das Abitur abgelegt hatte. Bis zum Beginn meiner z.A.-Zeit dachten einige, ich könnte Musikerin werden. Später hätte ich mir vorstellen können, Professorin für Soziologie oder Professorin für Politikwissenschaft zu werden. Heute bin ich Pfarrerin (ohne Dienstauftrag), geprüfte Presse- und Kommunikationswirtin (Medienakademie Leipzig) und ich arbeite seit zehn Jahren freiberuflich als Journalistin. Diese Tätigkeit erfüllt mich sehr.

Wo bereichert Gott ihren Alltag? Er ist immer präsent und bereichert mein ganzes Leben.

Was gibt Ihnen Energie? Mir gibt Energie, dass ich mich von Gott berufen fühle.

Was raubt Ihnen Energie? Staus.

Was ist das eine Ziel, das Sie in Ihrem Leben auf jeden Fall noch erreichen wollen? Päpstin werden.

Sie werden gewählt. Was machen Sie als erstes? Ich verneige mich innerlich in tiefer Ehrfurcht vor Gott.

 

Würde mich ein Moderator fragen, ob ich Chips oder Schokolade wählen würde, so würde ich sagen, manchmal Schokolade, seltener Salziges und noch seltener Chips, am liebsten Vollkornkost, Gemüse und Obst.

Sollte ich zwischen stillem Wasser und süßem Wein wählen müssen, so würde in 99,9999 Prozent der Fälle meine Wahl auf das stille Wasser fallen. Alkohol kommt regelmäßig nur an Silvester in Form von halbtrockenem Sekt in Frage.

Würde ich mich zu Waffenlieferungen im Ukraine-Krieg äußern sollen, so würde ich darauf verweisen, dass mein erstes Buch den Titel „Frieden in Deutschland. Protestantische Diskussionen zwischen 1945 und 1990“ trägt. Die EKD hat 45 Jahre lang Waffenlieferungen äußerst kritisch gesehen. Im Falle der Selbstverteidigung hegte sie nie Zweifel. Die Ukraine wurde von Russland angegriffen. Es besteht die Gefahr der Ausweitung des Krieges. Selbstverständlich muss sich ein Land gegen einen militärischen Aggressor und Usurpator wehren können. Ohne Waffen kann Selbstverteidigung in einem Krieg nicht gelingen. Internationale Friedensverhandlungen sollten im Ukraine-Krieg allerdings so bald wie möglich beginnen, damit nicht weiter Menschen sterben. Vorsichtig abwägend und kritisch muss die zur Zeit beginnende Aufrüstung in Staaten, die nicht am Ukraine-Krieg beteiligt sind, betrachtet werden.

Würde ich gefragt werden, wie ich mit den Klimakleberinnen und Klimaklebern umgehen würde, so würde ich sagen, dass die Forderung der sogenannten „Generation Z“ alles andere als zu hoch emotionalisiert klingen. Ich hätte Angst um die jugendlichen und teilweise noch minderjährigen Klimakleberinnen und Klimakleber. Deren Leben muss unangetastet vom Staat geschützt werden, auch wenn sie sich aus Protest festkleben. Gleichzeitig muss deren Wissen und deren Gewissen geschärft werden, welche Nachteile sie völlig anderen unbeteiligten Personen aufbürden, die nicht unbedingt ihre Meinung teilen. Ein sanfter, hochachtungsvoller und korrigierender Umgang mit den von den zunehmenden Klimaschäden Frustrierten wäre wünschenswert.

 

Fazit

 

Eine demokratische Wahl habe ich immer angenommen.

 

Elke Göß

 

(1) Vgl. Bischofswahl – Kandidierendenvorstellung am 17. März 2023 – Gabriele Hoerschelmann ,

Vgl. Bischofswahl – Kandidierendenvorstellung am 17. März 2023 – Christian Kopp Bischofswahl - Kandidierendenvorstellung am 17. März 2023: Christian Kopp - YouTube,

Vgl. Bischofswahl – Kandidierendenvorstellung am 17. März 2023 – Klaus Schlicker, Bischofswahl - Kandidierendenvorstellung am 17. März 2023: Klaus Schlicker - YouTube, 25.03.2023

Vgl. Bischofswahl – Kandidierendenvorstellung am 17. März 2023 – Nina Lubomierki, Bischofswahl - Kandidierendenvorstellung am 17. März 2023: Nina Lubomierski - YouTube, 25.03.2023

 

(2) Vgl. Die Kandidatinnen und Kandidaten der Bischofswahl – Gabriele Hoerschelmann, Die Kandidatinnen und Kandidaten der Bischofswahl: Gabriele Hoerschelmann - YouTube, 25.03.2023

Vgl. Die Kandidatinnen und Kandidaten der Bischofswahl – Christian Kopp, Die Kandidatinnen und Kandidaten der Bischofswahl: Christian Kopp - YouTube, 25.03.2023

Vgl. Die Kandidatinnen und Kandidaten der Bischofswahl – Klaus Schlicker, Die Kandidatinnen und Kandidaten der Bischofswahl: Klaus Schlicker - YouTube, 25.03.2023

Vgl. Die Kandidatinnen und Kandidaten der Bischofswahl – Nina Lubomierki, Die Kandidatinnen und Kandidaten der Bischofswahl: Nina Lubomierski - YouTube, 25.03.2023

 

25. März 2023

ܐܽܘܟ݂ܰܪܺܝܣܛܺܝܰܐ  Θεία Ευχαριστία  eucharistia  أفخارستيا  евхари́стия  Eucharist  eucaristia  eucharistie  eucarestia  eucharystia  eucharistie  Eucharistie

Update: 2. Oktober 2023

Installation: 10. Mai 2018

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